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Dienstag, 16. Dezember 2014

Schauen => Denken


Das, was uns wesentlich antreibt, entzieht sich dem Bewusstwerden und verbirgt sich vor dem Bewusstsein. Wesentliches bleibt für das Denken unerreichbar, selbst dann, wenn es das Wesen von etwas denkt.
Der Philosoph Platon aber erfährt intuitives Empfinden des Wesentlichen als Einbilden und erlebt dies als besondere Art und Weise inneren Sehens. Er nennt dieses besondere Empfinden ἰδεῖν (idein).
Iδεῖν bedeutet (auf)spüren, was einer Erscheinung wesentlich zugrunde liegt.
Hoch wahrscheinlich hat Platon diese Art und Weise inneren Wahr-nehmens bei seinem Lehrer Sokrates entdeckt. Iδεῖν geschieht nicht nur vor allem Denken, sondern begleitet dieses auch ständig als κρίνειν (krinein) (scheiden, unter-scheiden, trennen, aussondern, auswählen, entscheiden, urteilen, richten).
„Iδεῖν“ lässt sich vom Höhlengleichnis Platons her auch bestimmen als „schauen“. „Schauen“ darf nicht mit Denken gleich gesetzt werden. Platon könnte das Verhältnis zwischen Schauen und Denken in etwa so ausdrücken:
Erst schaut die Seele, dann denkt die Vernunft.
Die Entdeckung des Iδεῖν durch Sokrates und Platon ist in Vergessenheit geraten bzw. durch das Denken zurückgedrängt worden. Iδεῖν tritt im Verlauf Abendländischer Geschichte im Mittelarbeiter zwar noch einmal als Mystik hervor, aber das Schauen der Mystiker wird philosophisch nicht genutzt, sondern religiös vereinnahmt.



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